Was bei US-Technologiekonzernen bereits gang und gäbe ist, wird nun auch in einer Schweizer Bank Realität: Die Mitarbeitenden können selber bestimmen, wieviel Ferien sie beziehen wollen. Kann das gut gehen?
Die Zürcher MBaer Merchant Bank ging vor drei Jahren an den Start, wie auch finews.ch berichtete. Aushängeschild und Namensgeber des Unternehmens ist Michael «Mike» Bär. Er ist der Urenkel von Julius Bär, der die gleichnamige Zürcher Traditionsbank 1890 gründete.
Das Aktionariat der MBaer Merchant Bank ist breit aufgestellt und setzt sich aus internationalen Unternehmern und Familien zusammen, wobei Mike Bär der grösste Einzelaktionäre ist. Aufgrund der im Frühjahr 2020 einsetzenden Corona-Pandemie erwischte das Finanzinstitut einen denkbar ungünstigen Moment, um einen erfolgreichen Start hinzulegen, wie Mike Bär im Gespräch mit finews.ch einräumt. Gleichzeitig schweisste die ausserordentliche Situation das mittlerweile auf 32 Personen angewachsene Team aber umso mehr zusammen.
Ausserhalb der normalen Arbeitszeit gearbeitet
«Alle Mitarbeitenden haben bereits sehr viel gearbeitet, zum Teil sehr lange und oft auch ausserhalb der normalen Arbeitszeit. Dieser grosse Einsatz soll künftig mit entsprechenden Ferien gebührend honoriert werden», sagt Bär gegenüber finews.ch.
Konkret: «Die Mitarbeiter können selbst bestimmen, wieviel Urlaub sie benötigen. Somit entfällt für alle Beschäftigten die Obergrenze an Tagen, die sie nehmen dürfen.» Was bei einigen internationalen Tech-Unternehmen bereits Praxis ist, hält nun erstmals auch in der eher konservativ wahrgenommenen Finanzbranche Einzug.
Chef nimmt sechs bis sieben Wochen Ferien
Der Mindest-Ferienanspruch bei Banken in der Schweiz ist gesetzlich geregelt und wird auch kontrolliert. Er beträgt mindestens fünf Wochen, wovon deren zwei zusammenhängend bezogen werden müssen.
Dass die Mitarbeitenden mit ihren Ferien künftig über die Stränge schlagen, glaubt Bär nicht. «Diese neue Regelung, die Anfang 2022 in Kraft tritt, beruht auf einer grossen Selbstverantwortung und reduziert die Bürokratie. Zentral ist der Dialog untereinander.»
Bär selber nimmt gemäss eigenen Angaben zwischen sechs und sieben Wochen Ferien pro Jahr, wobei er auch dann – wie viele Unternehmer – jeweils ein paar Stunden pro Tag arbeitet.
Vier Geschäftbereiche
Wie es die Firmenbezeichnung illustriert, betätigt sich das Unternehmen im Merchant Banking, wobei dies ein weitgefasster Begriff ist, der sich am ehesten mit Vermögens-Vermehrung umschreiben lässt.
Die MBaer Merchant Bank bietet neben der klassischen Vermögensverwaltung für Private (Wealth Management) auch Custody (Vermögens-Verwahrung) sowie Transaction Banking (Abwicklung von Finanztransaktionen für Firmenkunden) und Treasury (Steuerung und Bewirtschaftung von Zahlungsströmen) an.
Zeichen des Wachstums
Die Klientel des Hauses kommt vorwiegend aus der Schweiz sowie aus Osteuropa, Russland und dem übrigen Europa. Die Bank gibt keine verwalteten Kundenvermögen bekannt, da eine solche Kennziffer aufgrund der Geschäftsbereiche und im Gegensatz zu einer reinen Privatbank nicht aussagekräftig ist.
Nach der schwierigen Anfangsphase ist die Bank mit einem starken Wachstum unterwegs, wie weiter zu erfahren. Ein Indiz dafür ist auch der Umstand, dass das Institut im März 2022 seine Büros vom Zürcher Seefeld in ein grösseres Geschäftshaus in Zürich-Enge verlagert.
Originalartikel vom 17. Dezember 2021 auf finews.ch: https://www.finews.ch/news/banken/49257-schweizer-bank-ferien-mitarbeiter-mike-baer-merchang-bank